Die Vollhufenstelle mit Weinberg

Von diesem Bauernhaus ist uns bekannt, dass es bis 1945 der Bauernfamilie Joachim Parbs gehörte und von ihr bewirtschaftet wurde.

Als die Familie Parbs im November 1945 Dechow verließ, gaben sie einen bäuerlichen Betrieb von ca. 38 ha auf.

Um 1925 waren das 38 ha Acker, hinzu kamen 5 Pferde, 4 Häupter Rindvieh, 13 Milchkühe sowie 13 Schweine.

Zur Familie Parbs gehörten im November 1945 fünf Personen. Aus Zeitdokumenten geht hervor, dass die Familie für das Gut Niendorf vorgesehen war.

Der Name Parbs taucht in der Dechower Geschichte bereits im Zusammenhang mit dem Hof Nr.X auf. Dieser Hof war zwischen 1517 und 1562 zunächst eine Halbhufenstelle, später eine Viertelhufenstelle (1626/1737). Nach der Verkoppelung wurde sie zur Vollhufenstelle.

Aus alten Unterlagen ist ersichtlich, dass der Hof mit einem älteren Vorgängerbau und mehreren anderen Gebäuden bebaut war, sowie über größere Ländereien verfügte.

Von den Gebäuden ist lediglich die Altenteilerkate (Dorfstraße2) erhalten. Anstelle einer abgerissenen Fachwerkscheune steht heute das, aus dem Ort Benzin umgesetzte Fachwerk – Wohnhaus Dorfstraße 9.

Dahinter befand sich auf dem Hof noch eine größere Backsteinscheune.

Zwischen Altenteilerkate und dem großen Bauernhaus liegt heute eine Pferdekoppel, von der bekannt ist, dass es sich früher um einen Weinberg gehandelt haben soll.

Der Obstgarten lag auf der Nordseite des Hauses ( heute mit einem Eigenheim bebaut). Wie bei jedem Bauernhaus war auf dem Hof ein Brunnen vorhanden, der für Mensch und Tier genutzt wurde.

Im straßenseitigen Wohnteil lebte der Bauer meist in 3 Generationen mit seiner Familie.

Hinten wurde die mittige große Diele ( 4m breit, 20 m lang, 3,5 m hoch) als Arbeitsraum und Abstellfläche für die Arbeitsgerätschaften genutzt.

Der Pferdestall war hofseitig, mit davor liegender Dunglege, angeordnet. Der Kuhstall lag auf der gegenüberliegenden Seite der Diele.

Im großen Dachraum wurde Futter für die Tiere für den langen Winter gelagert.

Konstruktion des Gebäudes:

Dieses große Bauernhaus (15 m X 31 m) gehört als Haustyp zu den Werderhäusern.

Sie vereinen Wohnen, Stallungen und Scheune unter einem Dach und werden auch als Einhaus bezeichnet..

Werderhäuser sind geschichtlich gesehen, die Nachfolgebauten der Hallendielenhäuser.

Ihre Vorgängerbauten waren Fachwerkgebäude, ursprünglich mit Lehmfüllungen und Reetdach, der Funktion nach aber auch Einhäuser. Sie wurden mit ihrer großen Toreinfahrt und den seitlich angeordneten Stallungen immer zur Straße hin ausgerichtet, den Wohnteil am hinteren Teil des Hauses liegend. Dadurch wirken sie mit ihren tiefen Reetdächern optisch wie Scheunen.

Anders bei den Werderhäusern, die hauptsächlich zwischen 1880 und 1920 in der Region um Schönberg zahlreich entstanden.  In dieser Zeit waren die Bauern der Region durch ihre günstige Lage nach Lübeck zu Wohlstand gelangt und konnten größere Bauernhäuser bauen und dadurch mehr Vieh halten.

Werderhäuser wurden länger und breiter errichtet, zudem 2- geschossig und mit Pfettendach, anstelle des Kehlbalken – Sparren – Daches. Damit wirken sie mit ihrer Größe und in Backsteinbauweise sehr dominant im Dorfensemble.

Der Wohnteil wurde nun zur Straße hin ausgerichtet, alle Außenwände wurden mit   Backsteinen gemauert, nicht mehr mit Lehm. Das Dach war ursprünglich mit Schiefer gedeckt. Man wollte seinen Wohlstand zeigen und unbedingt städtisch wirken.

Das Innere der Häuser besteht aber weiterhin, wie bei den Vorgängerbauten, aus einer Fachwerkkonstruktion aus Holz mit Lehmziegelfüllungen.

Auch die Decke in der sehr breiten Diele wird meist  nur mit breiten Holzbohlen abgedeckt, die Geschossdecken im Wohnteil werden als Lehmwickeldecken ausgebildet oder mit einem Brettereinschub und Lehmfüllung versehen.

Vom hinteren Giebel gelangt man in die mittig liegende Diele, seitlich sind jeweils Kuh- bzw. Pferdestall angeordnet.

Durch die neuartige Dachkonstruktion mittels Stuhlpfetten konnten größere Spannweiten errichtet  werden.Der riesige Bodenraum konnte nun reichlich Futter für alle Tiere für den Winter aufnehmen.

Bei dem  vorstehenden Werderhaus kann man von der Straße aus mittig den dielenartigen Flur mit Treppenhaus betreten. Dieser wurde großzügig, wie alle erdgeschossigen Räume, mit einer Raumhöhe von 2,8m  errichtet, man wollte also repräsentieren.

Die viertelgewendelte Holztreppe in solider Tischlerausführung führt auch heute noch in das Ober- und Dachgeschoss. Im Obergeschoss besitzen die Wohnräume nur eine Höhe von 2,4 m. Der Dachboden über den Wohnräumen wurde früher als Räucherboden genutzt. Beeindruckend sind in den Häusern dieser Zeit die Flächen- Terrazzo- Fußböden mit unterschiedlichen Mustern im Flur und in der großen Küche.  In diesem Haus wurde 1996 im vorderen Teil des Flures nach altem Vorbild ein solcher Boden neu erstellt.

Eine Scherwand, bestehend aus einer alten doppelflügeligen Haustür mit farbiger Verglasung und seitlichen  ebensolchen Fenstern, trennt den vorderen Flur vom hinteren Treppenhaus.

Als das Gebäude noch als Bauernhaus bewirtschaftet wurde, konnte man vom hinteren Flur durch eine weitere Tür mit seitlichem Fenster in die große Diele, den landwirtschaftlichen Bereich, gelangen.

Linker Hand dieser Tür konnte man in die Kellerräume unter dem Wohnteil steigen oder aber seitlich die große Küche betreten, die nunmehr keine „schwarze“ Küche mehr war.  Hier stand ein gemauerter Herd mit Kacheln und Herdringen, der am vorderen Rand eine Messingstange besaß. Der Rauch wurde nun über einen Schornstein abgeleitet. Ebenso gab es Kachelöfen in den Wohnräumen, oft mit verzierten Kacheln oder mit besonders schönem oberen Abschluss. Auch diese Öfen waren an Schornsteinen angeschlossen.

Heute wird das Haus lediglich zu Wohnzwecken mit Nebengelass genutzt und besitzt keine landwirtschaftliche Nutzung mehr.